Wenn mein Sohn zu Besuch kommt, fragt er mich regelmäßig, ob er ein paar T-Shirts, eine Hose oder Socken von mir haben kann. Er staubt dann auch jedes Mal etwas ab und ich stelle immer wieder fest, dass mein Kleiderschrank es hergibt, ohne wirklich leerer zu werden. Nun bin ich kein Modeshopper und denke am liebsten so wenig wie möglich über meine Outfits nach. Aber irgendwie sammeln sich doch regelmäßig neue Stücke an, mal ein T-Shirt hier, mal eine Hose da oder ein Satz neuer Socken.
Während der Corona-bedingten Ausgangsbeschränkungen mit Home Office und geschlossenen Geschäften und Kneipen kam ich im entschleunigten Alltagsbetrieb ohnehin mit sehr wenig aus: Montag bis Donnerstag die dunkelgraue Jogginghose, Freitag bis Sonntag die hellgraue. Ein paar T-Shirts, ein Hoodie, eine Jeans fürs Einkaufen sowie ein Oberhemd für Videokonferenzen.
Auf diese Weise hat die globale Pandemie auch mir gezeigt, wie wenig Kleidung ich eigentlich brauche. Das war sehr entspannend, und Geld gespart habe ich auch noch. Weil das vielen so gegangen sein muss, hat natürlich die Textilindustrie sehr gelitten, die auf ihren Modebergen sitzen geblieben ist, weil Geschäfte eben geschlossen blieben, Aufträge storniert wurden oder die Leute schlichtweg weniger konsumierten.
Nachhaltiger konsumieren
Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Ohne Konsum kein Wirtschaftswachstum, aber zu viel davon geht immer auf Kosten der Umwelt. Allein in Deutschland landen jährlich rund 1,3 Millionen Kleidungsstücke im Container, davon wird nur ein Prozent wiederverwertet, der Rest wird einfach verbrannt. Ein echter Wahnsinn, wenn man sich die schiere Menge an vernichteten Rohstoffen vorstellt. Aber wie können Mode-Aficionados mit Umweltbewusstsein etwas daran ändern?
Mode lebt von Trends, sonst wäre sie ja keine. Für modebewusste Menschen, denen auch die Umwelt wichtig ist, ist es deshalb nicht nur gut für das Gewissen, sondern befriedigt auch ihren Wunsch nach neuer Bekleidung, wenn sie sich in Second-Hand-Läden oder auf Flohmärkten umsehen. Wie groß die Nachfrage nach gebrauchter Kleidung mittlerweile ist, zeigen auch die diversen Onlineshops oder Kleinanzeigenplattformen, wo vom Babystrampler über Sportbekleidung bis zu Abendmode alles nur erdenklich Tragbare (und Untragbare) angeboten wird. Private Anbieter wollen so Platz im Kleiderschrank schaffen, professionelle machen ein Geschäft daraus.
Klar ist, dass man als Konsument durch den Kauf von gebrauchter statt neuer Bekleidung den eigenen ökologischen Fußabdruck bei CO2- und Wasserverbrauch deutlich senken kann. Allein durch die Verlängerung der Nutzung von einem auf zwei Jahre werden 24 Prozent der CO2-Emissionen eingespart. Im Durchschnitt kauft jeder 60 neue Bekleidungsstücke im Jahr, das sind rund 200kg CO2, was einem Wasserverbrauch von 180l pro Tag und Person gleich kommt.
Stil von gestern, grün und cool
Jedes Jahrzehnt hat seinen Stil, in der Musik ebenso wie in der Mode. Und scheinbar kommt alle 20-30 Jahre, also eine Generation später, alles nochmal aufs Tapet. Letztens hat meine jüngste Tochter eine Cord-Jeansjacke, die ich mir 1988 gekauft habe, übernommen. Ebenso ein schwarzes T-Shirt, datiert auf 1984, mit dem Aufdruck einer heute noch extrem kultigen Indie-Band. Beide Teile sind für sie ein authentischer Ausdruck von Vintage und Coolness, gleichzeitig aber auch gelebte Nachhaltigkeit.
Für mich hieße das, nach Hemden und T-Shirts aus den 1960ern oder 1950ern zu stöbern, also eher im Fundus des Museums für Deutsche Geschichte… Ich bleibe lieber bei meiner dunkelgrauen Jogginghose, mit der ich in den letzten anderthalb Jahren schon so viel CO2 und Wasser gespart habe!
Text: FRANK A. DUDLEY